StPO §§ 102, 94, 98, 111k

Strafverfahrensrecht. Neuerlaß eines Durchsuchungsbeschlusses nach dessen Aufhebung durch das Bundesverfassungsgericht

Landgericht Kassel
Beschluß vom 23.12.2004 – 6 Qs 18/04


BESCHLUSS

In der Strafsache

gegen       Herrn X
wegen       des Verdachts des Bankrotts

hier:           Beschwerde gegen Durchsuchung- und Beschlagnahmeanordnung


hat die 6. große Strafkammer des Landgerichts Kassel am 23.12.2004 auf die Beschwerde des Beschuldigten vom 16.10.2004

beschlossen:

    Der Beschluß des Amtsgerichts Wolfhagen vom 05.10.2004 wird aufgehoben soweit es die Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme sowie die Fristsetzung zur Klageerhebung betrifft. Im übrigen wird die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Wolfhagen zurück verwiesen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse soweit nicht die Sache zur erneuten Entschediung an das Amtsgericht Wolfhagen zurück verwiesen wurde.

    Gründe:

    I.

    Die Staatsanwaltschaft Kassel führt gegen den Beschwerdeführer ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Bankrotts. [...] Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Wolfhagen am 31.07.2003 einen Durchsuchungsbeschluß für die Wohnung des Beschuldigten, die Geschäftsräume der Firma Y und die Geschäftsräume der Firma Z. Die Durchsuchung wurde am 14.08.2003 zeitgleich in der Wohnung des Beschuldigten und in den Geschäftsräumen der Firma Z durchgeführt. Der dieser Maßnahme zugrunde liegende Durchsuchungsbeschluß wurde letztlich durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (2 BvR 1821/03) vom 08.04.2004 aufgehoben.

    Im Rahmen der am 14.08.2003 erfolgten Durchsuchung wurden in der Wohnung des Beschuldigten die in dem Nachweis über sichergestellte/beschlagnahmte Gegenstände vom 14.08.2003 aufgeführten Gegenstände (Bl. 62, 63 Bd. I d. A.) beschlagnahmt. Im Rahmen der zeitgleich durchgeführten Durchsuchung in den Räumlichkeiten Z wurden weitere Gegenstände beschlagnahmt.

    Mit Beschluß vom 09.10.2003 bestätigte das Amtsgericht Wolfhagen die Beschlagnahme der Kraftfahrzeuge Audi A4 Avant und Audi A6 Avant. Auf die Beschwerde des Beschuldigten vom 13.10.2003 wude dieser Beschluß durch Beschluß des Landgerichts Kassel vom 19.12.2003 aufgehoben.

    Mit Beschluß des Amtsgerichts Wolfhagen vom 20.02.2004 wurde die am 14.08.2003 erfolgte Beschlagnahme von Unterlagen sowie des Rechners Siemens (Asservatennr. 18) richterlich bestätigt. Auch dieser Beschluß wurde mit Beschluß des Landgerichts Kassel vom 11.05.2004 aufgehoben.

    Nachdem hinsichtlich der am 14.08.2004 erfolgten Durchsuchungen der oben genannten Geschäfts- bzw. Privaträumlichkeiten der dieser Maßnahmen zugrunde liegende Beschluß des Amtsgerichts Wolfhagen vom 31.07.2003 bzw. die die dagegen eingelegte Beschwerde zurückweisenden Beschlüsse des Landgerichts Kassel vom 08.09.2003 bzw. 15.09.2003 aufgehoben wurden, beantragte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kassel unter Datum vom 28.06.204 unter Bezufgnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.04.2004 unter anderem

      "einen den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht werdenden Beschluß zu erlassen, mit dem festgestellt wird, daß die am 14.08.2003 erfolgten Durchsuchungsmaßnahmen bei dem Beschuldigten H. zu Recht erfolgten."


    Daraufhin erließ das Amtsgericht Wolfhagen unter Datum vom 05.10.2004 folgenden Beschluß:

      "Die Durchsuchung der Wohn- und Geschäfts- einschließlich aller Nebenräume des Beschuldigten in W sowie seiner Person und die Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma Y und der Firma Z und weiterer dort befindlicher Nachfolgeunternehmen der Firma Y in N wird angeordnet, weil zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird, nämlich insbesondere von Geschäftsunterlagen der Firma Y, die Aufschluß über die finanzielle Entwicklung und den Verbleib der Vermögenswerte der GmbH seit 1997 bis zum jetzigen Zeitpunkt gebeten, z.B. von Bilanz, Investurverzeichnissen, Kontounterlagen, Auftragsunterlagen. Das vorgefundene Beweismaterial wird gemäß §§ 94, 98 StPO beschlagnahmt.

      Dem Beschuldigten wird eine Frist von 1 Monat zur Erhebung einer Klage vor dem Zivilgericht gegen die Rechtsanwältin M als Insolvenzverwalterin über das Vermögen der Y GmbH gesetzt. Bei fruchtlosem Fristablauf sind die Gegenstände an die Insolvenzverwalterin herauszugeben. Die weitergehenden Anträge des Beschuldigten und der Rechtsanwältin M auf richterliche Entscheidung bzw. Herausgabe der sichergestellten Gegenstände werden zurückgewiesen."

    Weitergehende Ausführungen, welche Anträge auf richterliche Entscheidung bzw. auf Herausgabe sichergestellter Gegenstände beschieden wurden und eine Begründung bezüglich der ergangenen Entscheidung enthält der Beschluß des Amtsgerichts Wolfhagen vom 05.10.2004 mit Ausnahme der Darlegung des Tatverdachts und einer Herleitung der gesetzten Klagefrist aus dem Rechtsgedanken des § 111k StPO nicht.

    Der Beschuldigte hat unter dem Datum vom 16.10.2004 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wolfhagen vom 15.10.2004 Beschwerde eingelegt. Er beantragt:

    1. den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
    2. die Vollziehung des Beschlusses gemäß § 307 Abs. 2 StPO auszusetzen, insbesondere den Fristablauf hinsichtlich der gesetzten Klagefrist zu unterbrechen.
    3. die erneute Anordnung der Durchsuchung der Wohnräume des Beschuldigten in W für rechtswidrig zu erklären.
    4. die Beschlagnahme des vorgefundenen Beweismaterials für rechtswidrig zu erklären.
    5. anzuordnen, daß die anläßlich der Durchsuchung der Wohnräume des Beschwerdeführers sichergestellten und beschlagnahmten Gegenstände gemäß Nachweis über sichergestellte/beschlagnahmte Gegenstände vom 14.08.2003 (Blatt 62 Bd. I d. A.) an den Beschwerdeführer herauszugeben, soweit diese sich noch nicht wieder in seinem Gewahrsam befinden, nämlich die lfd. Nr. 1, 2, 3, 6, 7, 8, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 21.

    Das Amtsgericht Wolfhagen verfasste unter Datum vom 19.10.2004 einen Nichtabhilfevermerk und legte die Akten über die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kassel zur Entscheidung über die Beschwerde vor.

    II.

    Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluß des Amtsgerichts Wolfhagen vom 05.10.2004 ist rechtswidrig und war daher, soweit es die Anordnungen bezogen auf die Durchsuchung und Beschlagnahme sowie das Setzen einer Klagefrist betrifft, aufzuheben; im übrigen war die Sache zur Entscheidung an das Amtsgericht Wolfhagen zurück zu verweisen.

    Unabhängig davon, daß die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kassel unter Datum vom 28.06.2004 lediglich einen auch nach Abschluß der Durchsuchung zulässigen Antrag auf Feststellung der Rechtsmäßigkeit der am 14.08.2003 erfolgten Durchsuchung analog § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO (dazu Meyer-Goßner StPO § 98 Randziffer 23 mit weiteren Nachweisen) und nicht den Erlaß eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses beantragt hat, lagen die Voraussetzungen zum Erlaß dieser Maßnahme zur Erlangung und Sicherung von Beweisen gemäß §§ 94, 98, 102, 105 StPO im Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor, nachdem bereits am 14.08.2003 die Durchsuchung verschiedener Räumlichkeiten erfolgt und amtlicher Gewahrsam an verschiedenen Gegenständen begründet worden war. Insoweit läßt der angegriffene Beschluß des Amtsgerichts Wolfhagen vom 05.10.2004 auch nicht erkennen, hinsichtlich welcher Gegenstände die Beschlagnahme ausgesprochen wird. Die nochmalige Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume wird, nachdem diese bereits in der Vergangenheit erfolgt war, erwartungsgemäß nicht (nochmals) zum Auffinden von weiteren Beweitsmitteln führen. Zumindest bestehen keine Anhaltspunkte die dafür sprechen, daß durch einen erneut vorgenommene Durchsuchung der Durchsuchungszweck nach § 102 StPO erreicht werden könnte.

    Soweit die angeordnete Beschlagnahme vorgefundenes Beweismaterial betrifft, läßt der Beschluß vom 05.10.2004 zudem nicht erkennen, welche Gegenstände beschlagnahmt werden bzw. welche Beschlagnahmeanordnung im Einzelnen richterlich bestätigt werden soll; darüber hinaus entbehrt der Beschluß vom 05.10.2004 der nach § 34 StPO erforderlichen Begründung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des Beschlusses des Landgerichts Kassel vom 11.05.2004 (Blatt 192 ff. Band III d. A.) verwiesen. Darin ist unter anderem ausgeführt:

      "Der Beschluß des Amtsgerichts Wolfhagen vom 20.02.2004 bezeichnet die beschlagnahmten Gegenstände nicht im Einzelnen genau, sondern beschränkt sich darauf, - von der ausdrücklichen Erwähnung des Rechners Siemens/Futji abgesehen - pauschal die am 14.08.2003 erfolgte Beschlagnahmemaßnahme richterlich zu bestätigen. Um welche Unterlagen es sich im einzelnen handelt, ist dem Beschluß nicht zu entnehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund, daß am 14.08.2003 zeitgleich an verschiedenen Orten Beschlagnahmen stattfanden und der Beschuldigte hinsichtlich der am 14.08.2003 in dem Räumlichkeiten in N erfolgten Beschlagnahme nur hinsichtlich einzelner Gegenstände die gerichtliche Entscheidung beantragt hat, ist eine genaue Bezeichnung der beschlagnahmten Gegenstände, auf deren zugrunde liegende Anordnung sich die richterliche Bestätigung bezieht, unabdingbar. Dies gilt umso mehr, als ein Teil der vormals beschlagnahmten Gegenstände über die Insolvenzverwalterin wieder an den Beschuldigten herausgegeben wude, so daß durch eine pauschale richterliche Bestätigung der in der Vergangenheit erfolgten Beschlagnahme die Beschlagnahme auch solcher Gegenstände und Unterlagen richterlich bestätigt wird, die in der Zwischenzeit wieder an den Beschuldigten zurückgelangt sind.

      Insoweit macht sich hier die fehlende Begründung bemerkbar. Abgesehen von den vermeintlichen Schwierigkeiten hinsichtlich des Zugriffes auf die auf dem Rechner Siemens-Futji vorhandenen Dateien beschränkt sich die Begründung des Beschlusses vom 20.02.2004 darauf, daß die beschlagnahmten Unterlagen als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein könnten. Die Behauptung der potentiellen Beweisbedeutung läßt die tragenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, au fdenen die Entscheidung beruht, nicht erkennen. Vielmehr handelt es sich um eine allgemein gehaltene Wiederholung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Beschlagnahmeanordnung, ohne daß auf den Beweiswert einzelner Gegenstände, die am 14.08.2003 beschlagnahmt wurden, eingegangen worden wäre."


    Soweit der Beschluß vom 05.10.2004 entgegen seines Wortlautes dahingehend ausgelegt werden soll, daß die am 14.08.2003 vollzogene Durchsuchung richterlich bestätigt wird, kann der Beschluß auch unter diesem Gesichtspunkt nicht aufrechterhalten werden, da der Beschluß auch insoweit den verfassungsgerichtlichen Vorgaben hinsichtlich des Begründungserfordernisses nicht genügt. Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen auf die Gründe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 08.04.2004 (Blatt 72 Bd. IV d. A.).

    Bezüglich der dem Beschwerdeführer in dem angegriffenen Beschluß vom 05.10.2004 gesetzten Frist zur Erhebung einer Zivilklage analog § 111 k StPO entbehrt diese Anordnung einer rechtlichen Grundlage. Soweit in dem Beschluß vom 05.10.2004 in Anlehnung an ein Fristsetzungsverfahren gemäß § 75 Abs. 4 RiStBV dem Beschuldigten eine Frist gesetzt wird, innerhalb derer er gegen die Insolvenzverwalterin Klage (welchen Inhalts?) zu erheben hat, liegen die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung nach § 111 k StPO, wonach ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen die Rückgabe beweglicher Sache an den Verletzten gestattet wird, nicht vor. Wegen des Verzichts auf zivilrechtliche Erfordernisse ist von der Anwendung des § 111 k StPO nur zurückhaltend und bei enger Auslegung Gebrauch zu machen, was einer entsprechenden Anwendung entgegensteht. Darüber hinaus wäre ein Verweisen auf den Zivilrechtsweg wegen bestehender Zweifel (vgl. Meyer-Goßner StPO § 111k Rz. 7 m.w.N.) nur dann möglich, wenn Ansprüche Dritter einer ausnahmsweise in Betracht zu ziehenden Herausgabe an den durch die Straftat Verletzten der Herausgabe nicht entgegenstehen. Vorliegend hat aber auch der Beschuldigte T durch seinen Verteidiger Rechte an möglicherweise beschlagnahmten Gegenstände geltend gemacht (Band IV Blatt 170 d. A.); eine Entscheidung des Amtsgerichts Wolfhagen zu dem Antrag des Beschuldigten T nach erfolgter Stellungnahme der Staatsanwaltschaft vom 13.09.2004 (Band IV Blatt 191 d. A.) ist bislang noch nicht erfolgt.

    Im Übrigen setzte eine Freigabe die Aufhebung der zugrunde liegenen Anordnung voraus. Gerade dies wird von dem Amtsgericht Wolfhagen jedoch abgelehnt, da in dem angegriffenen Beschluß die Beschlagnahme des "vorgefundenen Beweismaterialas" angeordnet und "weitergehende Anträge des Beschuldigten und der Rechtsanwältin M auf richterliche Entscheidung bzw. Herausgabe der sichergestellten Gegenstände" zurückgewiesen wurden. Für die Aufhebung einer Beschlagnahmeanordnung ist während des laufenden Ermittlungsverfahrens immer eine förmliche Anordnung erforderlich. Diese liegt nicht vor. Denn wenn mit der Setzung der Klagefrist zu erkennen gegeben wird, daß beschlagnahmte oder sichergestellte Gegenstände, die sich noch in amtlichen Gewahrsam befinden, für die Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt werden, steht dies im eklatanten Widerspruch zu der im gleichen Beschluß ergangenen Beschlagnahmeanordnung. Der Umstand, daß die vom Amtsgericht bereits aus formalen Gründen, weil nicht ausreichend begründet, rechtswidrige Beschlagnahme aufgehoben wird, ermöglicht es gleichwohl nicht, die erforderliche Freigabe von Beweismitteln im Beschwerdeverfahren zu erteilen.

    Soweit in dem Beschluß vom 05.10.2004 die "weitergehenden Anträge des Beschuldigten und der Rechtsanwältin M auf richterliche Entscheidung bzw. Herausgabe der sichergestellten Gegenstände" zurückgewiesen wurden, war die Sache vielmehr an das Amtsgericht zur eigenen Entscheidung zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung der Sache an das untere Gericht ist zwar nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Diese Voraussetzungen sind aber vorliegend gegeben. Denn zum einen enthält die angegriffene Entscheidung vom 05.10.2004 diesbezüglich entgegen § 34 StPO keinerlei Begründung. Zum anderen ist eine Zurückverweisung darüber hinaus auch dann geboten, wenn - wie vorliegend - eine sachliche Entscheidung völlig fehlt, zumal weder dem Beschlußtenor noch den Beschlußgründen zu entnehmen ist, welche Anträge welchen Inhalts mit dem Beschluß vom 05.10.2004 überhaupt zurückgewiesen werden sollten. Es ist weder dem Beschluß vom 05.10.2004 noch den sonstigen Umständen zu entnehmen, welche konkreten Anträge mit der angegriffenen Entscheidung beschieden werden sollten und ob bzw. welche Erwägungen für die am 05.10.2004 ergangene Entscheidung maßgebend waren wobei dem Beschuldigten der Antrag der Rechtsanwältin M als Insolvenzverwalterin der Y GmbH gerichtet auf gerichtliche Entscheidung, über den möglicherweise mit Beschluß vom 05.10.2004 auch entschieden werden sollte, dem Beschuldigten nicht zugänglich gemacht wurde. Angesichts der vorliegenden Umstände ist weder der Teil des Prozeßstoffes, der den Beschwerdegegenstand bildet, hinreichend erkennbar noch eine Begründung der in ihrem Umfang nicht erkennbaren Entscheidung vorhanden, so daß wegen des vollständigen Fehlens einer sachlichen Begründung auch nicht etwa die Rückgabe der Akten zum Zwecke der Nachholung dieser Begründung geboten wäre. Vielmehr gebietet die Anerkennung der originären Zuständigkeit des unteren Gerichts, dieses zunächst eine Sachentscheidung treffen zu lassen, die es für erforderlich hält. Denn nur so ist gewährleistet, daß der von der Strafprozeßordnung vorgesehene Instanzenzug des Beschwerdeverfahrens praktisch eingehalten und nicht etwa durch Nachbesserung des amtsgerichtlichen Beschlusses ein erkannter Rechtsfehler perpetuiert wird.

    Die Kostenentscheidung ergeht in der entsprechenden Anwendung des § 467 StPO.


    Anmerkung:

    Die Entscheidung behandelt den ungewöhnlichen Fall, daß ein Ermittlungsrichter - ohne entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft - einen Durchsuchungsbeschluß, den das Bundesverfassungsgericht für rechtswidrig erkannt und aufgehoben hat (2 BvR 1821/03), noch einmal neu erläßt; und zwar 14 Monate nach der bereits erfolgten Durchsuchung und ein halbes Jahr nach der Aufhebung des Durchsuchungsbeschlusses durch das Bundesverfassungsgerichts.

    Das Landgericht hat den neuen Durchsuchungsbeschluß - im Ergebnis zutreffend - aufgehoben. Zur Begründung führte das Landgericht an, auch der neue Durchsuchungsbeschluß genüge nicht den verfassungsgerichtlichen Anforderungen. Hierbei übersieht die Strafkammer jedoch, daß nicht nur die einfachgesetzlichen Voraussetzungen des § 102 StPO für den Neuerlaß des Durchsuchungsbeschlusses nicht vorlagen, sondern die verfassungsrechtliche Sperre des § 31 Abs. 1 BVerfGG dem Neuerlaß des aufgehobenen Beschlusses entgegenstand.

    Die Bindungswirkung verfassungsgerichtlicher Entscheidungen nach § 31 Abs. 1 BVerfGG beinhaltet ein Wiederholungsverbot (vgl. Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, 3. Auflage). Der Richter, dessen Entscheidung aufgehoben worden ist, darf dem unterlegenen Teil - hier: der Staatsanwaltschaft - nicht in einer neuen Entscheidung das Gegenteil dessen gewähren, was das Bundesverfassungsgericht für Recht erkannt hat (Pestalozza, a.a.O., m.w.N.). Da § 31 Abs. 1 BVerfGG nicht nur das Gericht, sondern auch die Staatsanwaltschaft bindet, war der auf Feststellung gerichtete Antrag der Staatsanwaltschaft analog § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO auch nicht zulässig, wie das Landgericht meint. Ein Antrag, der auf die Umgehung der Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG gerichtet ist, kann schlechterdings nicht statthaft sein.


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