Gerichtsentscheidung: Strafvollstreckung



§ 57 StGB

Halbstrafenaussetzung bei Erstverbüßer

Oberlandesgericht Frankfurt am Main
3. Strafsenat
Beschluß vom 07.01.2009, 3 Ws 3+4/09


In der Strafvollstreckungssache

gegen Herrn X
wegen versuchten Totschlags
hier: Reststrafenaussetzung gemäß § 57 StGB, Pflichtverteidigerbestellung

hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Bschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß desr 7. Strafkammer - Strafvollstrek-kungskammer - des Landgerichts Marburg vom 09.12.2008 am 07.01.2009 beschlossen:

    1. Der Antrag des Verurteilten, ihm für die Durchführung dieses Beschwerdeverfahrens einen Pflichtverteidiger beizuordnen, wird zurückgewiesen.
    2. Die Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.

Gründe:

I.

1. Die Strafvollstreckungskammer hat es abgelehnt, den Verurteilten bereits nach Verbüßung der Hälfte der gegen ihn durch das Amtsgericht Worms am 30.04.2002 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und durch das Landgericht Darmstadt am 22.04.2005 verhängten Freiheitsstrafe von acht Jahren bedingt zu entlassen. Sie hat unter anderem ausgeführt, daß dem Verurteilten eine günstige Sozialprognose nicht gestellt werden könne.

Dagegen wendet sich der Verurteilte mit der fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde. Gleichzeitig beantragt er, ihm für das Beschwerdeverfahren einen Pflichtverteidiger beizuordnen.

2. Der Antrag des Verurteilten, ihm für die Durchführung dieses Beschwerdeverfahrens einen Pflichtverteidiger beizuordnen, war zurückzuweisen, weil der vorliegende Vollstreckungsfall weder hinsichtlich der Sach- oder Rechtslage besondere Schwierigkeiten aufweist, noch ersichtlich ist, daß der Verurteilte seine Rechte im Verfahren über die Aussetzung des Strafrestes nicht selbst sachgerecht wahrnehmen kann (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 140 Rn. 33).

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Die Aussetzung des Strafrestes gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB hat nach der ständigen Rechtsprechung des Senats Ausnahmecharakter (vgl. Beschlüsse vom 17.08.2006, 3 Ws 753/06; vom 06.07.2005, 3 Ws 585/05; vom 12.03.1998, 3 Ws 293/98 mwN.). Danach ist die Aussetzung der zweiten Strafhälfte zwar nicht auf extreme Ausnahmefälle beschränkt. Vielmehr genügen als "besondere Umstände" solche, die im Vergleich mit den gewöhnlichen, durchschnittlichen, allgemeinen oder einfachen Milderungsgründen von besonderem Gewicht sind. Solche Umstände sind hier auch unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Beschwerdeführers nicht ersichtlich. Ein einwandfreies Vollzugsverhalten im Bezug auf sein Arbeitsverhalten und den Umgang mit den Mitgefangenen sowie der Umstand, daß es sich bei dem Verurteilten um einen Erstverbüßer handelt, reichen nicht aus (vgl. Senat, Beschluß vom 26.08.2008, 3 Ws 198/08). Ansonsten hätten Erstverbüßer in der Regel nur die Hälfte der verhängten Strafe zu verbüßen. Dies würde dem Ausnahmecharakter des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht gerecht.

Darüber hinaus kann die Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 StGB unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit nicht verantwortet werden (§ 57 Abs. 1, S. 1 Nr. 2 StGB). Es besteht keine naheliegende Chance für ein positives Ergebnis.

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