§§ 6, 59 InsO, 11 RPflG, 42 ZPO

Der Insolvenzverwalter kann nicht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

Landgericht Kassel
Beschluß vom 27.01.2005, 3 T 654/04

In dem Insolvenzverfahren

über das Vermögen der Y GmbH,

an dem beteiligt sind:

Herr X,

Antragsteller und Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Löwenstein & Banhegyi, Baunatal,

Rechtsanwältin Z,
Insolvenzverwalterin,

hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Kassel am 27.01.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht O., den Richter am Landgericht Dr. K. und Richter am Landgericht M. beschlossen:

    Die Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Kassel vom 18.10.2004 wird als unzulässig verworfen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.

    Der Beschwerdewert wird auf 300,00 Euro festgesetzt.


Gründe:

I. Der Beschwerdeführer ist der frühere Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Schuldnerin. Im Verlauf des vorliegenden Insolvenzverfahrens sah die eingangs bezeichnete Insolvenzverwalterin hinreichenden Grund zur Erstattung einer Strafanzeige wegen Bankrotts. Dies und weitere angebliche Verfehlungen der Insolvenzverwalterin nahm der Beschwerdeführer zum Anlaß, die Insolvenzverwalterin wegen des Besorgnisses der Befangenheit abzulehnen. Hierzu wird auf die Schriftsätze vom 28.07.2004 (Band III, Blat 150-176 d.A.), vom 11.08.2004 (Band III, Bl. 191-192 d.A.) und vom 19.08.2004 (Band III, Bl. 194-196 d.A.) Bezug genommen.

Durch Beschluß vom 18.10.2004 hat der zuständige Rechtspfleger des Amtsgerichts Kassel diesen Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wandte sich der Beschwerdeführer mit einer "sofortigen Beschwerde" vom 20.10.2004 (Band III, Bl. 222-232 d.A.), die vom Amtsgericht alsbald dem Landgericht vorgelegt wurde. Die Kammer gab die Verfahrensakten mangels eines nach § 6 InsO zulässigen Rechtsmittels an das Amtsgericht zurück, damit dort im Rahmen von § 11 Abs. 2 RPflG eine richterliche Überprüfung zur Sache erfolgen konnte. Der dort zuständige Richter wies die als Erinnerung anzusehende "Beschwerde" durch Beschluß vom 14.12.2004 zurück. Dieser Beschluß wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 27.12.2004 zugestellt.

Daraufhin beanstandete der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom gleichen Tage (Band IV, Bl. 1-3; 6-8 d.A.), daß sich nicht das - seiner Ansicht nach zuständige - Landgericht mit seinem Anliegen befaßt habe, denn darauf, so machte er geltned, habe der Beschwerdeführer einen gesetzlichen Anspruch. Durch Verfügung des Vorsitzenden der Kammer vom 31.01.2005 wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß eine Entscheidung des Landgerichts nach § 11 Abs. 1 RPflG nur in Betracht komme, wenn das Rechtsmittel an sich statthaft sei, und daß - wenn es hieran fehle - eine Verwerfung als unzulässig schon deshalb nicht erfolgen dürfe, weil damit die durch § 11 Abs. 2 RPflG vorgeschriebene Sachprüfung durch einen Richter unmöglich gemacht werde. Gleichwohl beharrte der Beschwerdeführer auf seinem Begehren (Band IV, Bl. 12-15 d.A.).

II. Damit war das erneute Rechtsmittel nunmehr als unzulässig zu verwerfen. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 28.07.2004 zielt offenkundig auf eine Umgehung von § 59 InsO, und eine darauf bezogene Beschwerde ist nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 InsO nicht vorgesehen.

Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO darf das Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus seinem Amt entlassen, wobei dies von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung erfolgen kann. Ein Antragsrecht des Schuldners besteht insoweit - aus gutem Grund - nicht (vgl. Braun, InsO, 2. Auflage, § 59 InsO Rn. 3). Gleichermaßen hat der Gesetzgeber dem Schuldner oder den sonst Verfahrensbeteiligten nach § 59 Abs. 2 InsO selbst dann keine Beschwerdebefugnis zugebilligt, wenn sie gleichwohl vergeblich einen entsprechenden Antrag, dem allenfalls die Qualität einer Anregung zukommt, gestellt haben. An der damit insolvenzspezifisch geregelten Lage ändert sich nichts, wenn der Schuldner oder ein sonst Verfahrensbeteiligter - wie hier der Beschwerdeführer - die ihm verwehrten Befugnisse unter dem Deckmantel einer abweichenden (und nicht einschlägigen) Rechtsgestaltung zu erlangen sucht; denn sein Begehren richtet sich, auf welche Grundlage es auch immer gestützt wird, sachlich unmittelbar gegen die Insolvenzverwalterin und betrifft ausschließlich deren Amtsführung. Diese bestimmt sich indes allein nach den Vorgaben der Insolvenzordnung. Eine bloß insolvenzrechtliche Nebenentscheidung, für die es u.U. mit den üblichen Rechtsmitteln sein Bewenden hat (vgl. dazu BGH RPfleger 2000, 346), wurde deshalb vom Beschwerdeführer weder angestrebt noch liegt sie vor.

War der Kammer mithin eine Sachprüfung versagt, ist nur ergänzend anzumerken, daß die Beschwerde auch dann keinen Erfolg haben könnte, wenn man sie für zulässig halten wollte, denn eine - allenfalls analog - Anwendung der §§ 42 ff. ZPO kommt vorliegend nicht in Betracht, weil angesichts der in § 59 InsO getroffenen gesetzlichen Regelung für sie kein Raum ist. Folgerichtig wird eine solche Anwendung auch allgemein nicht in Erwägung gezogen (vgl. Uhlenbruck, InsO, 12. Auflage, § 4 Rn. 5 ff.; Münchener Kommentar, InsO, 1. Auflage, § 4 Rn. 40 ff.; Braun a.a.O., § 4 Rn. 7; Kübler / Prütting, InsO, § 4 Rn. 7; Eickmann pp., InsO, 2. Auflage, § 4 Rn. 5). Letzteres steht ganz in Einklang damit, daß der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.09.2004 (vgl. JurBüro 2005, 46) mangels entsprecher gesetzlicher Bestimmung sogar die Ablehnung eines Gerichtsvollziehers für unzulässig gehalten hat.

Die Kostenentscheidung folgt als § 97 ZPO. Das Interesse des Beschwerdeführers an der Beschwerde hat die Kammer geschätzt, § 3 ZPO.

Vgl. auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25.01.2007, IX ZB 240/05.


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